Am Tag vor Silvester bin ich nochmal nach Berlin. Ich hatte das Privileg, wieder im Schnellzug einen Sitzplatz zu bekommen. Das war ja vor vielen Jahren nicht so. Am Treffpunkt in Schönwalde-Glien angelangt, ging es zeitnah los. Zweites Privileg, ich nutzte mein Garmin Oregon zur Navigation. Im Prinzip hätte man sich auch nur an den Schildern „Berliner Mauerweg“ orientieren können. So war es komfortabler. Ich nahm mir bewusst Zeit, alle Tafeln der Maueropfer zu lesen. Es war schon erschreckend, die einzelnen Geschichten zu lesen. Es gab Passagen in der Stadt und wieder viel im Wald. Meine Gedanken immer wieder an die Zeit von früher. Essen und Trinken hatte ich ausreichend dabei. So vergingen die Stunden sehr schnell. Pausen machte ich wenig. Das Schloss Sacrow in Potsdam hatte ich mir als Tagesziel ausgesucht. Am späten Nachmittag stand ich direkt vor einem Teilstück der Mauer. Mann wie war die hoch, 2,50 m habe ich geschätzt. Auf der einen Seite hoch und dann im freien Fall wieder runter? Das musste man erstmal unverletzt überstehen. Dann folgten 300 m bis zum nächsten Grenzzaun. Der war auch um die 2,50 m hoch. Anschließend kam das große Wasser. Sportlich bin ich ja sehr, aber diesen Abschnitt unter extremen Bedingungen – ich meine den Beschuss durch Grenzsoldaten – nein, das hätte ich nicht geschafft. Was war das nur für eine Zeit. Bedrückend fand ich den Tod eines 18-jährigen sowjetischen Soldaten. Er wurde Opfer einer Verwechslung und reagierte dazu in seiner Stresssituation falsch. Das kostete ihm das Leben. Die letzten 5 km habe ich im Dunkeln absolviert. Das gab zusätzliche Aufregung. Der Zielpunkt kam einfach nicht näher. Aufgeben ist genauso nicht meine Option, ähnlich der Zeit der Wolfskinder. Mein Ziel war, genau wie das ihre, den Zug nicht zu verpassen. Endlich am Schloss Sacrow in Potsdam angekommen, wurde es nochmal spannend. Schaffe ich es rechtzeitig zum Schnellzug nach Dresden? Die Elektronik half mir auf der Route mit dem Bus zum Bahnhof. Die Hälfte meines Vorhabens der Gedenkwanderung habe ich geschafft. Mein Knie hat gut durchgehalten. Wenn es so weiter geht, dann schaffe ich es komplett um die Berliner Mauer…
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